Ein kühler Luftzug am geschlossenen Fenster oder ein Griff, der sich nur noch mit viel Kraft bewegen lässt – beides sind klare Anzeichen dafür, dass der Anpressdruck Ihres Fensters nicht mehr optimal ist. Wenn Sie online nach einer Lösung suchen, stoßen Sie schnell auf Anleitungen, die das Drehen von achteckigen Pilzkopf- oder Rollenzapfen am Fensterflügel beschreiben. Doch was, wenn Ihr Fenster solche Zapfen gar nicht hat?
Keine Sorge, das bedeutet nicht, dass Sie mit der Zugluft leben müssen. Auch Fenster ohne diese sichtbaren Verriegelungszapfen bieten in der Regel Möglichkeiten zur Justierung. Der Mechanismus dafür ist lediglich an einer anderen Stelle verborgen. Wir zeigen Ihnen, wo Sie suchen müssen und wie Sie den Anpressdruck trotzdem perfekt einstellen.
Das Wichtigste in Kürze
- Wenn an der Griffseite keine verstellbaren Schließzapfen zu finden sind, befindet sich die Einstellmöglichkeit für den Anpressdruck fast immer an der Scharnierseite des Fensters.
- Die Justierung erfolgt meist über eine versteckte Schraube oder einen exzentrischen Bolzen im unteren Ecklager (dem Hauptscharnier) und im oberen Scherenlager (der Metallarm oben).
- Gehen Sie immer in kleinen Schritten vor. Eine Vierteldrehung der jeweiligen Schraube genügt oft schon. Passen Sie oben und unten gleichmäßig an, um ein Verziehen des Fensterflügels zu vermeiden.
Warum der Anpressdruck so wichtig ist
Der korrekte Anpressdruck, also die Kraft, mit der der Fensterflügel gegen die Dichtung im Rahmen gepresst wird, ist für mehrere Funktionen entscheidend. Er sorgt für eine hohe Energieeffizienz, indem er kalte Zugluft draußen hält und Heizkosten spart. Gleichzeitig verbessert eine dichte Fuge den Schallschutz erheblich. Nicht zuletzt ist ein optimal eingestelltes Fenster leichtgängiger und schließt geschmeidiger, was den Verschleiß der Mechanik reduziert.
Die Suche nach der Einstellschraube: Wo sie sich versteckt
Da die üblichen Verdächtigen (die Zapfen) fehlen, konzentrieren wir uns auf die Bänder, also die Scharniere des Fensters. Die genaue Bauart kann je nach Hersteller (z. B. Roto, Siegenia, Winkhaus) variieren, das Prinzip ist jedoch meist sehr ähnlich.
Möglichkeit 1: Das Ecklager (unten an der Scharnierseite)
Dies ist das untere Hauptscharnier, das den Fensterflügel trägt. Hier wird der Anpressdruck für den unteren Bereich der Scharnierseite eingestellt.
- So finden Sie die Schraube: Öffnen Sie den Fensterflügel vollständig (ca. 90 Grad). Betrachten Sie nun das Scharnier am unteren Ende des Fensterflügels. Dort finden Sie eine Einstellschraube, meist für einen Inbus- (Sechskant) oder Torx-Schlüssel.
- So funktioniert die Einstellung: Durch Drehen dieser Schraube bewegen Sie den gesamten Fensterflügel horizontal entweder näher an das Scharnier heran oder weiter davon weg. Drehen Sie die Schraube in Richtung der Fensterdichtung, erhöht sich der Anpressdruck. Drehen Sie sie vom Fenster weg, verringert er sich.
Möglichkeit 2: Das Scherenlager (oben an der Scharnierseite)
Das Scherenlager ist der bewegliche Metallarm, der den Fensterflügel oben führt, wenn Sie ihn öffnen oder kippen.
- So finden Sie die Schraube: Öffnen Sie das Fenster. Am vorderen Teil des Metallarms, der am Fensterflügel befestigt ist, befindet sich eine weitere Einstellschraube. Manchmal ist sie nur in der Kippstellung des Fensters gut erreichbar.
- So funktioniert die Einstellung: Diese Schraube funktioniert nach demselben Prinzip wie die untere. Sie bewegt die obere Ecke des Fensterflügels seitlich und reguliert so den Anpressdruck im oberen Bereich der Scharnierseite. Es ist wichtig, die Einstellungen an Scheren- und Ecklager aufeinander abzustimmen.
Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Justierung
- Werkzeug und Vorbereitung: Legen Sie sich einen passenden Inbusschlüssel (oft 4 mm) oder Torx-Schraubendreher bereit. Führen Sie den Papiertest durch, um die Ausgangslage zu prüfen: Klemmen Sie ein Blatt Papier zwischen Flügel und Rahmen und schließen Sie das Fenster. Lässt sich das Papier leicht herausziehen, ist der Druck zu gering. Testen Sie dies an mehreren Stellen auf der Scharnierseite.
- Ecklager einstellen: Öffnen Sie das Fenster und drehen Sie die untere Einstellschraube eine Vierteldrehung im oder gegen den Uhrzeigersinn, je nachdem, ob Sie den Druck erhöhen oder verringern wollen.
- Scherenlager einstellen: Führen Sie eine entsprechende Vierteldrehung an der oberen Einstellschraube im Scherenlager durch.
- Ergebnis prüfen: Schließen Sie das Fenster. Lässt sich der Griff noch gut bewegen? Führen Sie den Papiertest erneut durch. Das Papier sollte nun spürbar fester klemmen, sich aber noch mit etwas Widerstand herausziehen lassen.
- Feinjustierung: Wiederholen Sie die Schritte 2 bis 4 mit weiteren kleinen Drehungen, bis der Anpressdruck auf der gesamten Scharnierseite gleichmäßig und passend ist.
Was, wenn es immer noch zieht?
Wenn die Justierung an der Scharnierseite das Problem nicht löst, könnten andere Ursachen vorliegen:
- Verschlissene Dichtungen: Selbst der beste Anpressdruck hilft nicht, wenn die Gummidichtungen porös, plattgedrückt oder gerissen sind. Überprüfen Sie deren Zustand. Oft ist ein Austausch die wirksamste Lösung.
- Verzogener Fensterflügel: Über die Jahre kann sich ein Fensterflügel verziehen. In diesem Fall ist die Justierung sehr komplex und sollte besser einem Fachbetrieb überlassen werden.
- Anpressdruck an der Griffseite: Möglicherweise ist der Anpressdruck auf der Griffseite zu gering. Auch wenn keine sichtbaren Exzenterzapfen vorhanden sind, können die Schließstücke im Rahmen (die Metallplättchen, in die die Verriegelung greift) manchmal justiert oder durch andere ersetzt werden.
Fazit: Auch ohne Zapfen zum perfekt dichten Fenster
Das Fehlen der bekannten Einstellzapfen ist kein Grund zur Verzweiflung. Es bedeutet lediglich, dass die Einstellmechanik für den Anpressdruck clever in den Scharnieren des Fensters integriert ist. Mit einem systematischen Vorgehen, dem richtigen Werkzeug und etwas Geduld können Sie Ihr Fenster auch in diesem Fall perfekt justieren. So sorgen Sie nicht nur für mehr Wohnkomfort und niedrigere Heizkosten, sondern verlängern auch die Lebensdauer Ihrer Fenster.